Stress kann Aggression nicht nur als Abwehrreaktion auslösen, sondern auch als Mittel, innere Anspannung zu reduzieren. Dieses Muster wird sowohl bei Tieren als auch beim Menschen beobachtet und hat eine klare neurobiologische Grundlage.
🐁 Bei Tieren
- Bei Ratten führen Stressoren wie Elektroschocks zu erhöhten Glukokortikoidspiegeln und erhöhtem Blutdruck.
- Chronische Exposition kann stressbedingte Magengeschwüre verursachen.
- Eine der effektivsten Möglichkeiten für eine Ratte, Stress zu reduzieren, besteht darin, eine andere Ratte zu beißen.
- Dieses Verhalten unterdrückt die Freisetzung von Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH), das die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA) aktiviert.
🐒 Bei Primaten
- Bei Pavianen werden über 40% der Aggressionsfälle als umgelenkte Aggression eingestuft.
- Dominante Männchen, die nach einer Niederlage Aggression umleiten, haben tendenziell 15–20% niedrigere Glukokortikoidspiegel als diejenigen, die dies nicht tun.
- Umgelenkte Aggression dient sowohl der sozialen Regulation als auch der Reduktion des physiologischen Stresses beim Aggressor.
👤 Beim Menschen
- Während der wirtschaftlichen Rezession 2008–2009 in den USA:
- nahmen Vorfälle häuslicher Gewalt in einigen Regionen um 9–12% zu.
- Die Polizei erhielt mehr Anrufe im Zusammenhang mit familiären Konflikten.
- Eine Studie zu 900 NFL-Spielen in den USA zeigte:
- Nach einer unerwarteten Niederlage der Heimmannschaft stiegen die Vorfälle häuslicher Gewalt um etwa 10%.
- Trat die Niederlage in einem Playoff-Spiel ein, lag der Anstieg bei 13%.
- Nach einer Niederlage im Meisterschaftsfinale stiegen die Vorfälle um bis zu 20%.
🧬 Biologischer Mechanismus
- Aggressives Verhalten aktiviert dopaminerge Belohnungsbahnen im Gehirn und verschafft kurzfristige Erleichterung.
- Dies verringert die Aktivität des Hypothalamus und unterdrückt die Ausschüttung von Stresshormonen.
- Bei Tieren reduziert dies eindeutig physiologische Stressmarker; beim Menschen kann es ein subjektives Gefühl von Kontrolle oder Erleichterung erzeugen.